oeko@orbi.va

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Publiziert am 19. Juni 2015 von Dirk Hesse

 

Lieber Papst Franziskus,

als ich mich zuletzt für eine deutlichere Trennung von Staat und Kirche engagierte, in Form eines Antrags auf Entfernung exklusiv-christlicher Symbolik aus unserem Sitzungssaal im Kreishaus, war mir klar, dass es noch andere staatlich unterstützte Glaubensbekenntnisse gibt.

Der Euro etwa ist nur etwas wert, weil wir glauben, einen Gegenwert dafür erhalten zu können. Die Solaranlagen auf den Dächern und die Windräder in der Landschaft sind weitgehend unökonomische Verfahren zur Energiegewinnung, deren Umweltschonung zweifelhaft wird, wenn man ihre Herstellung, Instandhaltung und Entsorgung in die Ökobilanz einbezieht. Sie sind vielmehr ein Glaubensbekenntnis, dass der Mensch eine Klimaerwärmung durch die Reduzierung vom sogenannten Treibhausgas CO2 verhindern könne.

Tatsächlich trug ich mich schon mit der Idee, in einer Fotomontage das Kruzifix auf einem Kirchenaltar gegen ein Windrad auszutauschen. Diesen Gedanken hast du nun in deiner aktuellen Enzyklika „Laudato si“ bestätigt.

Der Glaube an einen anthropogenen Klimawandel wurde auf das Niveau einer Klimareligion erhoben.

Danke für die Bestätigung meiner These. Genau da gehört er auch hin.

Vielleich sollten die Gläubigen nun Windräder auf Kirchtürme bauen, zu Windparks pilgern und beim Passieren eines Windrades ein Kreuzzeichen für die Umwelt schlagen.

Ich persönlich habe ja da noch meine Zweifel. Wir geben in Deutschland Milliarden von Euros für ein Projekt aus, auf das wir nur zu 0,0012 % Einfluss nehmen können. Denn so hoch ist der Anteil des anthropogenen CO2 in der Atmosphäre. Alles andere regelt die Natur oder dein Chef, lieber Franziskus. Wenn die Sonne Blähungen hat oder irgendwo auf der Welt ein Vulkan ausbricht, ist das ganze Unternehmen zum Teufel und unser Geld verbrannt.

Aber du sagst ja auch in deiner Enzyklika, dass Kapitalismus ohnehin schlecht sei. Er ruiniere unsere Welt und mache die Armen noch ärmer. Ich dagegen glaube, dass erst die kapitalistische Marktwirtschaft dafür gesorgt hat, dass du in deinem Büro eine Klimaanlage und fließendes Wasser in deinem Bad hast. Hast du mal darüber nachgedacht, dass Wettbewerb auch Fortschritt bedeutet? War Jesus denn Antikapitalist, gar Sozialist? Robert Grözinger hat ja ein Buch mit dem Titel „Jesus, der Kapitalist – Das christliche Herz der Marktwirtschaft“ geschrieben. Wer von euch hat denn nun recht?

Wenn es um die Erringung der Interpretationshoheit geht, dann will ich mich gerne an der Diskussion beteiligen. Jesus war bestimmt kein Nationalist, denn sonst hätte er die Juden gegen die Römer in den Kampf geführt. Er wurde gekreuzigt, weil er sich genau dafür nicht einnehmen ließ. Er ging voller Pazifismus seinen eigenen Weg, verpflichtete niemanden, ihm zu folgen oder zuzuhören, erlegte niemandem Zwang auf. Ich glaube, Jesus war libertär.

Mit deiner Kapitalismus- und Klimathematik hast dich diesmal ziemlich weit aus deiner Benediktionsloggia gelehnt. Ich zweifle daran. Ich zweifle im Namen des Heiligen Thomas. Der hatte an Christi Auferstehung gezweifelt, bis er dessen Wunden berührt hatte.

Er ist mir sehr sympathisch, der Heilige Thomas: Er glaubt nicht alles, was ihm erzählt wird. Er bleibt skeptisch. Und er legt den Finger auf die Wunde! Das machen wir Libertären gerne, wenn auch in anderer Absicht.

Ave Pontifex Maximus. Dubitator te salutat

  1. S.: Am kommenden Sonntag werde ich während der heiligen Messe sämtliche Kerzen ausblasen. Sie erwärmen nur unnötig das Klima und erzeugen gefährliches CO2.
  2. P. S.: Braucht man im Vatikan für ein pater noster eigentlich auch einen Führerschein?