Der Herbst der Freiheit
Publiziert am 2. September 2014 von Dirk Hesse
Batsch! Da liegt sie am Boden. Die große, gelbe Frucht. Aufgebrochen, leicht faulig von innen. Es ist Herbst in Deutschland. Der Herbst der Freiheit. Und er begann nicht erst am 22. September 2013. Doch seither ist er indiskutabel da.
Kein Schwein braucht die FDP? Für die umherlaufenden Linksjournalisten ist diese Frucht ein gefundenes Fressen…
Nun fliegt die angeblich einzige Partei der Freiheit in Deutschland auch aus ihrer letzten Regierungsverantwortung in Sachsen. Bald wird sie auch in weiteren Parlamenten nicht mehr vertreten sein. Lässt sich der Schaden reparieren? Braucht Deutschland keinen Schutz der Individualrechte auf Daten und Besitz mehr? Wird der Deutsche bald seiner letzten Eigenverantwortung beraubt? Dient er demnächst nur noch dem deutschen Kollektiv? Kann er überhaupt im Schweiße seines Angesichts das Weltklima, den Euro, die EU-Partner und ihre Arbeitslosen und schließlich den Weltfrieden retten? Wird er überhaupt Deutscher bleiben oder demnächst nur noch Europäer sein? Entschuldigung, ich meinte Europx.
Doch der Kollektivismus stößt an seine Grenzen. Auf den Herbst der Freiheit wird ein harter Winter des Sozialismus folgen. Die verteilten Wohltaten werden immer unbezahlbarer und ineffizienter werden. „Vater Staat“ wird seine Kinder bald nicht mehr versorgen können. Die müssen demnächst auf eigenen Füßen stehen und Lösungen der Nächstenliebe finden, wo staatliche Wohlfahrt nicht mehr ausreicht. Es genügt ein Blick nach Südeuropa.
Das Vertrauen in die Politik sinkt: In Sachsen ist weniger als die Hälfte der Bevölkerung an die Wahlurnen getreten. Ein eindeutiges Votum! Wir leben in keiner Demokratie, wie man uns immer glauben machen will. Demokratie ist nur ein Verfahren zur Entscheidung, wer die Gesetze macht und durchsetzt. Es ist wie würfeln, Lose ziehen, Münze werfen, um die Wette laufen oder einen archaischen Ringkampf ausführen. Was danach kommt, hat mit Mitbestimmung und Eigenverantwortung wenig zu tun: Die Mehrheit der Deutschen z. B. will angeblich keine Waffen an die Kurden liefern. Der gewählte Bundestag jedoch gibt sein Placet.
Das neue Jahr kommt. Ein neues Zeitalter der gesellschaftlichen Gestaltung durch mündige Bürger dämmert herauf. Ich wäre froh, wenigstens noch die anfängliche Aufbruchsstimmung davon zu erleben. Denn erst müssen wir noch diesen harten Winter durchstehen.
Und der Liberalismus, der nötig wäre, um die sozialistischen Schäden zu reparieren? Der spaltet sich auf in viele kleine Parteien. Es predigen die Voluntaryisten, die Anarchisten, Minarchisten und zahlreiche Bindestrichliberale. Da gründen ex-FDPler eine neue Partei in Hamburg. Das ESM-Thema, zu dem sich die FDP nicht wirklich durchringen konnte, gebiert eine neue Partei, die jetzt, mehr als doppelt so stark wie die FDP, im sächsischen Landtag Einzug hält. Da gibt es eine Partei der Vernunft – mit eigenen Absplitterungen. Ein Liberaler Aufbruch will aus der herabgefallenen Frucht wieder einen Baum werden lassen. Ungeheuer viele Parteien setzen sich für direkte Demokratie ein. Und die Rest-FDP schmollt, weil sie ihren Alleinvertretungsanspruch für Liberalismus nicht mehr durchsetzen kann.
Ist es denn schlimm, wenn sich die liberale Szene so zersplittert? Liberale sind nun mal Individualisten. Jedem Liberalen seine eigen Partei – so scheint es. Und alle diese Bewegungen kämpfen beherzt für mehr Freiheit. Sie kämpfen engagierter, als sie es vielleicht zu Zeiten eines FDP-Wahlkampfes taten. Sie treten für mehr bürgerliche Freiheiten an unendlich vielen Fronten und an vielen Orten ein. Mit mehr Energie als je zuvor.
Der Boden wird nach dem harten Winter fruchtbar sein. Die große, gelbe Frucht bringt ihre Samen aus. Nicht alle werden Wurzeln bilden. Sie werden miteinander ringen um Ressourcen, Anhänger und die besten Konzepte. Das ist der Wettbewerb der Ideen. Das ist Marktwirtschaft. Das ist Fortschritt. Das ist gut. Im Frühjahr werden sich viele junge Freiheitstriebe entfalten und hoffentlich den kollektivistischen Trend der Gegenwart kippen.
Denke ich an die Liberale Zukunft in Deutschland, dann ist mir nicht bange. Denn allen Initiativen und Gruppierungen gemeinsam ist ihre Einigkeit für Recht und Freiheit, für Frieden, Freiheit und Wohlstand aller Menschen.
Dirk Hesse, 2. September 2014